Donnerstag, 21. Januar 2010

Wärmendes zum Neujahr

Während mir ein Lied namens „Blue Lips“ warme Gedanken macht, überlege ich, wie ich auch noch den Rest meines Körpers die Zimmertemperatur vergessen machen kann. Zur moralischen Unterstützung meiner Heizung habe ich ihr ein paar Kerzen daneben gestellt, mein Rechner läuft auf Hochtouren, vielleicht sollte ich temporär noch den Fön anschmeißen. Ich schlafe bereits auswärts, weil ich es hier nicht aushalte. Unsere Kommandantka sah nach dem Betasten meines Heizkörpers treffend ein „ja, er ist nicht warm“.

Es dreht sich alles nur noch um die Wärme bzw. die Kälte. Ich kann mich beim besten Willen nicht daran erinnern, dass mich die Kälte auch in Finnland so beschäftigt bzw. gelähmt hätte, wie sie das hier tut. Vielleicht auch deshalb, weil dort die Heizkörper ausreichten. Hier ziehe ich weder Handschuhe noch Mütze aus, wenn ich mich im Büro aufhalte, was ich aber nicht länger als eine Stunde aushalte, weil die Kälte das Denken beeinträchtigt oder wie Sophia es neulich beschrieb: „nach einer halber Stunde friert mir einfach das Hirn ein“. Es stimmt und ich hoffe auf Besserung! Obwohl ich dann wohl auch diesen strahlenden blauen Winterhimmel mit Neuschnee eintausche, der dann die Stadt nach wenigen Tagen erneut in eine Eislaufbahn verwandelt. Es rutschen alle so durch das Leben hier und Zuspätkommen stört hier niemanden mehr, man teilt ja das gleiche Schicksal und es zwingt mich einfach etwas langsamer zu machen, was mir sicher ganz gut tut. [...]

Unser Versuch einen „Obokrewal“ (Heizer), wie wir ihn nannten, zu kaufen, scheiterte gestern kläglich. Die noch übrig gebliebenen „Obokrewatl“, wie sie eigentlich wirklich heißen, (hatte beim Abschreiben der Vokabeln wohl eine t vergessen und womit sich auch der etwas irritierte Blick des Verkäufers erklärt, den wir wohl mit erster Vokabel aufforderten, uns zu wärmen!), konnten wir nicht tragen, höchstens am Kabel nach Hause ziehen, was bei den beschriebenen Straßenverhältnissen eine wahre Wonne gewesen wäre. So kletterten wir unverrichteter Dinge in die gefrorene Straßenbahn und ich schlief heut Nacht bei Sophia, bei der es wohlig warm ist.

[…]Heute ist sogar schon Putz vom Haus abgebrochen, weil der Frost hineingekrochen ist. Aber alle versichern mir, dass es kälter nicht mehr werden kann: „sehr ungewöhnlich für Kiew“, obwohl unter vor gehaltener Hand von minus 30 Grad gewispert wird – Quelle unbekannt, aber jeder hat schon einmal davon gehört. Ansonsten bin ich aber gut und menschlich gewärmt angekommen, wurde gar vom Bahnhof abgeholt und zur Abschiedsfeier eines netten DAAD-Kollegen gefahren, vor dessen Haustür Janukovich-(Schläger-)truppen den „demokratischen“ Wahlausgang der Präsidentschaftswahlen "bewachten". So war und bin ich wieder da und freue mich über jeden, der das Abenteuer Ukraine wagen will.

Warme und herzliche Grüße für 2010!!!