Dienstag, 10. Mai 2011

сентиментальная Яна

Es ist also so weit. Ich bin offiziell sentimental. Was bleibt da noch hinzuzufügen. Wenig. Heute in zwei Wochen, ist das Abenteuer Ukraine abgeschlossen.

Gestern als ich ein Mädchen wieder traf, die mir im ersten Jahr sehr ans Herz gewachsen war und mir irgendwie abhanden gekommen war im zweiten; sie mir gestand, dass sie sehen wollte, was sich verändert hat, wie ich mich verändert habe, war ich überrascht, welches Bild ich abgab. Als sie mich kennenlernte, sah sie einen Menschen, der ganz instinktiv erst einmal handelte wie im großen Abenteuer und dann darüber nachdachte, welche Konsequenzen daraus erwachsen würden. Nun ist es anders, ich wäge ab, erwachsender komme ich ihr vor. Erwachsener also. Ja vielleicht ist das so, wäre mir auch in Deutschland vielleicht passiert. Musste ich dafür in die Ukraine gehen? Das Land, mit dem ich vor allem eins verbinde: starke Emotionen. Halb geht nicht, die Skala rauf und wieder runter, im ständigen Wechsel, ein dazwischen, ein stoisches Annehmen gibt es nicht. Kann man zwei Jahre wirklich so simpel zusammenfassen? [...] In gebrochenem Englisch erklärt mir eine Andere, dass sie nach Kanada auswandern will, weil das Leben in der Ukraine gut, aber dort besser ist. Auch wenn sie hoffe, dass der Wohlstand eines Tages in die Ukraine schwappen wird, sucht sie ihr Glück lieber gleich weit weg, bevor sie sich hier verliebt und heiratet und dann nicht mehr geht. Ich bin immer noch ratlos, was ich in solchen Gesprächen erwidern soll. Wenn ich mich ärgerte, war ich froh auf Zeit zu spielen. Das trifft es im doppelten Sinne. Ich spiele für eine gewisse Zeit und auf Zeit, weil die Rückkehr eingebaut ist. Ich kann immer gehen. Für mich sind die Grenzen immer die offenen, die das Abenteuer so lustvoll machen, denn der heimische Pass verspricht Sicherheit.
Aber bin ich hier je angekommen? Ich spreche immer noch gebrochen Russisch, Ukrainisch 5 Worte. Am liebsten vermeide ich Situationen, in denen ich es anwenden muss. Wie kann man so ankommen in einer Gesellschaft? [...] Als gestern ein junges Mädchen in der Metro einem Veteranen den Platz verweigerte und die Dame neben mir in mir eine stille Verbündete zu sehen glaubte, nickte ich unbeholfen, verstand ihren Ärger auch ohne große Worte. Aber ein lauter Zuspruch wäre schöner gewesen selbstverständlich. In solchen Momenten ist der Ärger groß über mich, über meine Zier, über meine Faulheit, meine Feigheit und nicht über das Land, dessen Reiz mir aus eigener Dummheit in seiner Gänze verschlossen bleibt.

2 Kommentare:

  1. mir fehlen dir Worte. Danke für diesen Einblick.

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  2. Danke für die vielen Einblicke!! Susi :)

    Stufen
    von Hermann Hesse
    Wie jede Blüte welkt und jede Jugend
    Dem Alter weicht, blüht jede Lebensstufe,
    Blüht jede Weisheit auch und jede Tugend
    Zu ihrer Zeit und darf nicht ewig dauern.
    Es muß das Herz bei jedem Lebensrufe
    Bereit zum Abschied sein und Neubeginne,
    Um sich in Tapferkeit und ohne Trauern
    In andre, neue Bindungen zu geben.
    Und jedem Anfang wohnt ein Zauber inne,
    Der uns beschützt und der uns hilft, zu leben.

    Wir sollen heiter Raum um Raum durchschreiten,
    An keinem wie an einer Heimat hängen,
    Der Weltgeist will nicht fesseln uns und engen,
    Er will uns Stuf' um Stufe heben, weiten.
    Kaum sind wir heimisch einem Lebenskreise
    Und traulich eingewohnt, so droht Erschlaffen,
    Nur wer bereit zu Aufbruch ist und Reise,
    Mag lähmender Gewöhnung sich entraffen.

    Es wird vielleicht auch noch die Todesstunde
    Uns neuen Räumen jung entgegen senden,
    Des Lebens Ruf an uns wird niemals enden...
    Wohlan denn, Herz, nimm Abschied und gesunde!

    Alles Gute für die nächste Herausforderung!

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