Sonntag, 8. Mai 2011

eine Kaffeefahrt nach Transnistrien

gibt es nicht, wäre aber eine Überlegung wert. Denn nichts aber auch gar nichts kam mir auf unserer Reise beschaulicher vor als Tiraspol, die Hauptstadt eines Fleckens Erde, der sich nach blutigem und zähen Krieg Anfang der 1990er Jahre vom gerade unabhängig gewordenen Moldawien abspaltete. Die Приднестровская Молдавская Республика (Transnistrische Moldauische Republik), wie sie offiziell heißt, wird von keinem Land der Erde als unabhängiger Staat anerkannt, ist mini und schlängelt sich an der ukrainisch-moldauischen Grenze den Dnister entlang.

Das Land mit hohem Skurrilitätsfaktor: das Wappen mit Hammer und Sichel ausgestattet, ehrt noch immer Helden der Arbeit im Jahr 2010, führte 1994 den Rubel als Währung ein und unterhält enge Beziehungen zur Russischen Föderation, wie unschwer an den großen Plakaten mit Putin und Medwedew zu erkennen ist, die die proper gepflegten Prachtstraßen säumen. Die Tennis- und Fussballclubs, Supermärkte und Telefonanbieter tragen symbolträchtig nur einen einzigen Namen: Sheriff. Wem Sheriff gehört ist unklar, dem Sohn des Präsidenten wird gemunkelt, der auch die über alle Grenzen bekannte Cognac-Fabrik "Kvint" führt. Ein Meisterstück postsowjetischer Privatisierung von ehemaligen Staatseigentum eben.

Angepriesen als die letzte sozialistische Bastion der ehemaligen Sowjetunion fuhren wir pünktlich zum 1. Mai nach Tiraspol in heller Aufregung einer Parade. Und auch hier fand das Abenteuer vorrangig in meinem Kopf statt, denn nicht mal rote Nelken weit und breit. Nichts außer ein paar belgischer Touristen, mit der gleichen Idee gestrandet im einzigen Hotel der Stadt fassungslos ohne Klobrille und durchsichtigen Toilettenpapier zu sein, berichteten sie von ihren Osteuropa-Erfahrungen, die wir - erfahren wie wir sind - müde manchmal etwas arrogant belächelten, manchmal schallend. Sie hatten es immerhin ohne eine einzige Vokabel Russisch dorthin geschafft, eine wirkliche Leistung zugegeben und schienen sich auch nicht daran zu stören, dass der Kurs mit dem die Kellnerinnen ihre Euros mit zunehmender Stunde und Wodkakonzentration in Rubel umtauschten, immer schlechter für sie ausfiel.

Nach dem wir die Prachtstraße einmal hoch und einmal wieder am "Haus des Sowjets" herunter flaniert waren nicht unbemerkt von Eisverkäuferinnen, war der Entdeckerdrang gestillt. Selten hatte ich ein Abenteuer, das so sehr nach biederem Blümchenkaffee roch.

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