sagt er, und begleitet uns zum Ausgang. „Hat es Ihnen gefallen, Dewuschki?“ und wir mit glühenden Wangen und leuchtenden Augen rufen: „ja, sehr, sehr, sehr“. „Ja, das ist Liebe“ schmunzelt er uns noch einmal gütig an, mit einem Blick, der Erfahrung zeigen soll und schließt die Tür zum Saal hinter uns.
Selten war ich in so einem Rausch von Musik. Die Bühne und das Ballett fast unnötig, so ergriffen war ich, so schauderte es mich, wenn die Streicher im langen Vorspiel den dritten Akt einkratzten, der Tanz der Ritter in Moll die nahende Tragödie vorbereitete und ich noch Stunden später daheim noch bessere Inszenierungen auf youtube suchte, immer die Gänsehaut an der gleichen Stelle der Musik provozierend. Ja, das ist Liebe. Wie kann ein Mensch so wundervolle Musik machen, frage ich mich unentwegt, den Rausch ein wenig verlängern wollend.
Ob es der nahe Frühling ist, die letzten fünf sonnigen Tage, die nicht nur mich beschwingt durch Kiew liefen ließen, sondern auch die Vögel zum verlieben animierten, egal ob, wie ich eingemummelt in meine Dublonka (siehe Dublonka-Liebe vom 13. Feb. 2010), oder sie aufgeplustert bei Minusgraden ausharren, es ist Zeit und so habe ich mich diese Woche schon mehrfach verliebt. Erst in den roten Bus (siehe Blogbild), dann in eine kleine getigerte Katze mit Bernsteinaugen, die am Mittwochabend Irokes getauft wurde und nun in Prokofievs „Romeo und Juliette“, ein ganz klein bisschen vielleicht auch in Mercutio, der für meinen Geschmack viel zu früh sterben musste im zweiten Akt und der eigentliche Romeo des Abends für mich war. Vielleicht waren die schwarzen Strumpfhosen einfach ansprechender als Romeos weiße, oder das Lächeln, das ich auch im dritten Rang vorn überbeugt auf die Brüstung noch erkennen konnte.
Dabei fing alles etwas zu hektisch an, um sich auf die Musik einlassen zu können. Eine frei gewordene Karte versuchte ich stundenlang an den Mann zu bringen, um am Ende zu wenig zu haben, noch eine zu besorgen und mich bei der dritten zu entschuldigen. Alle zu spät, so spät das in der Garderobe niemand bereit war unsere Jacken anzunehmen, die Nummern waren ausgegangen. Ein langes hin und her und Debatten mit der Garderobendame, deren Ehre wir verletzten, weil ihr unsere Lösungsvorschläge für das Problem zu profan erschienen. So kamen wir verspätet in die Vorstellung, unsere Plätze waren an andere verloren und ich verbrachte den ersten Akt hinter einer Säule im dritten Rang, damit beschäftigt mich zu beruhigen und dem Geknister um mich herum, dass Telefonieren und Gequatsche der anderen Gäste zu ignorieren. Ab dem zweiten wurde alles besser, die Plätze zurück erobert und mit Blick auf dem Orchestergraben schien auch die Musik eindringlicher, lauter zu werden und ihre Wirkung auf mich zu entfalten. Begeisterungsstürme am Ende, Blumenkörbe, (die so schwer und groß waren, dass es zwei Träger bedurfte) von Ministern, die in der Ehrenloge Platz genommen hatten und einer Julia mit einem Liebreiz, die so ergaben meine Youtube Recherchen auch auf Jahrzehnte keine Konkurrenz fürchten muss. Ja, es ist Liebe.