Sonntag, 27. März 2011

die Abschiedstour beginnt

Wenn es mir gut geht, dann schreibe ich nicht, gut, dann zwinge ich mich ab jetzt immer ein bisschen. Denn die Tage sind gezählt. Am 23.Mai fliege ich. Bis dahin heißt es Abschiednehmen und mir wird schon ganz schwer zumute. Vielleicht kommt das mit dem Schreiben schon wieder von ganz allein.
Das erste Ziel: Czernowitz. 

„Wie ist Czernowitz für dich“, fragt er? Ja, wie es ist eigentlich. „Eine Stadt ungewöhnlicher Begegnungen“ sage ich und er: „ Es ist die Stadt der Intellektuellen, der Literatur, der Juden“ und ich frage mich, ob das stimmt.  Eine andere Aussage kommt mir in den Sinn, einer die dort Deutsch unterrichtet und sich weigerte weiterhin an die Uni zu kommen, wenn sie nochmals Zeugin von bezahlten Examensnoten wird. „ Es wird den Ukrainern, die dort leben nicht gerecht, wenn man die Stadt nur durch die Brille der Literatur sieht.“ Und in der Tat renne ich mit meinem Gregor von Rezzori durch die Stadt und suche seine Gartenstraße, das verwunschene Haus des Professor Feuer und später das Geburtshaus von Paul Celan, die Gedenkplakette hängt am falschen Haus und ich muss schallend lachen, als ich mir die ausländische Delegation bei der Eröffnung vorstelle – am falschen Ort. Das ist Czernowitz eigentlich für mich. Alles steckt in einer falschen Haut und ist dabei so charmant. Die Stadt wenig mit ihren Bewohnern zu tun, wie arrogant: der Blick durch die Vergangenheit. In welchen Städten, denen das zwanzigste Jahrhundert so übel mitspielte, ist das schon so? Und doch, die, die ich treffe, richten den Blick eher zurück als nach vorn. Der ältere Professor für französische Sprache, dessen Altherrencharme ich bei Kräutertee, Schokolade und Cognac erliege; die pensionierte Dozentin für Archäologie, die unbefangen mit uns auf Russisch plaudert über sich die Kunst in ihrer Stadt und Familie, natürlich die Vergangenheit und uns zum Abschied Postkarten über ihr altes Czernowitz schenkt. Dabei sind wir schon so reich beschenkt: kyrillische ex libris, meine neue Leidenschaft nach ukrainischen Pysanka. Über alle werde ich noch berichten, immer ein wenig...

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