Dienstag, 1. März 2011

Kioskkosmos

„Nehmen Sie doch von beiden eins, dann können Sie das eine mal probieren.“ „Ja“ sage ich, „aber es ist doch für eine Freundin“, „kein Problem schießt es aus ihr raus in ihrem Beratungsgespräch über Snickers Erdnuss oder Haselnuss, da sind zwei drin. Dann können Sie beide probieren.“ „Stimmt“, sage ich und kaufe beide. So geschehen, gestern an einem kleinen Kiosk unweit meiner Uni, man führt Beratungsgespräche mittlerweile mit mir. Meine Antworten holpern noch ordentlich, zugegeben, aber der treudoofe Hundeblick, den ich aufzulegen geübt war, wenn mal wieder gar nichts ging, der ist weg.  Kioske gibt es hier an jeder Ecke, sie sind von oben bis unten beklebt mit Etiketten der Verkaufsgegenstände und haben nur eine kleine Luke, in die man sich zum Kauf hineinbeugt. Ich habe da so meine Lieblinge. Den Kiosk am Kontraktova, mit der älteren aber kecken Dame, die mir immer erzählt, dass sie Rumänisch in der Schule gelernt hat und mich dann jedes Mal aufs neue fragt, woher ich denn komme (nicht, dass man das sowieso jedes Mal hören würde), dann feilt sie an meiner Aussprache. Jedes Mal das Spiel von vorn.

Noch im letzten Jahr, als die Idee mit dem Blog noch lange nicht geboren war, schlenderte ich, na ich taumelte vielleicht auch ein bißchen, um die Ecke, bog in die letzte Straße vor meiner ein, und er war weg. Ein riesen Loch klaffte an der Stelle, an der ich noch tags zuvor mein Wasser gekauft hatte. Zuerst schob ich es auf das Bier in mir, aber der kleine Treppenpodest war noch da. An dem Nichts hatte es einmal eine Treppe gegeben, in meinen Kiosk genauer gesagt. Ich war also nicht betrunken. Man hatte ihn abgeholt. Vielleicht saßen die kleine dicke blondgefärbte Verkäuferin in blauer Kittelschürze noch hinterm Tresen, zählte das Kleingeld und quatschte mit ihrer brünetten Freundin, als man sie weghob und wegkarrte. Komisch. Aber ich habe diese Vorstellung dabei. Dann lud man sie an einer anderen Stelle in Kiew wieder ab und die Geschäfte und das Geldzählen gingen weiter, so als hätte sich nie etwas geändert. Im Kioskkosmos hatte es ja auch keine Veränderung gegeben, nur in der Außenwelt. 

Ich mache Fortschritte. Der Winter auch. Es sind nun nur noch -8 Grad täglich, aber wenn die Sonne scheint, bringt sie Eiszapfen an Strommasten und Dachrinnen erbarmungslos zum Schmelzen, was einen erinnern macht, dass man eigentlich ja vorhatte, nicht mehr so nah an Hauswänden vorbei zu schleichen.  Die letzten Eishaufen werden von Baggern aufgebrochen, abgeschabt und weggefahren. Ich habe meinen Pelz mit meinem Dufflecoat eingetauscht,  der mir leicht wie eine Feder vorkommt und am Sonntag fliege ich für eine Woche nach Deutschland, in den Frühling so hoffe ich.

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