Sonntag, 13. Februar 2011

Dublonka-Liebe

Als ich mich heute an einer Hausecke festhielt, um nicht von der nächsten Schneeböe mitgerissen zu werden, tief in meinen Mantel eingegraben, der mich zu einer anderen macht, zu einer von hier, wusste ich, er war die beste Anschaffung des letzten Jahres. Dabei war nicht immer klar, ob es zu einer Freundschaft kommen würde zwischen uns. Aus Verlegenheit angeschafft, mit ein bisschen Scham ihn auch in anderem kulturellen Kontext tragen zu wollen, viel zu groß und unförmig, wollte ich ihn noch in der letzten Woche alsbald verhökern – spätestens im Frühling.

Ich erinnere mich noch genau an das abwehrende Gefühl beim Einsteigen in den elterlichen Wagen auf der Fahrt zum Bahnhof: ich lasse mein ziviles Leben hier, dachte ich. Als streife ich eine andere Haut über. Viel zu warm für deutsche Winter, vor allem in Jena, wo ich bzw. mein „Russenmantel“ Ziel von Spott und Fotos waren, nicht ich wurde mehr auf der Straße und in Cafés erkannt, nein zuerst der Mantel. In Berlin wurde es besser, noch schrägere Vögel weit und breit; Pelz ist zudem wieder angesagt  - unter den Hippen, da fiel ich mit dem übergroßen Kurzhaar kaum auf.
Vielleicht kamen wir uns auch einfach näher, gewöhnten uns an einander wie in einer Vernunftehe. Je östlicher ich kam, desto natürlicher das Gefühl. Jetzt greif ich automatisch zu meinem glänzenden Freund, vielleicht überlege ich mir das mit dem Verkauf noch mal, zumindest bis die Temperaturen die magische Grenze von 0 wieder erreichen, heute war das jedoch mindestens 12 Grad davon entfernt. Wir werden wohl noch einige schöne und innige Stunden verbringen mein Dublonka und ich, denn von Frühling ist hier weit und breit noch nichts zu sehen.

4 Kommentare:

  1. Thomas aus Hamburg13. Februar 2011 um 22:51

    Roter Lippenstift und Pelzmantel, du könntest auch eine Figur meiner Erinnerung aus meiner osteuropäische Heimat sein. Steht dir.

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  2. auf genau so einen Kommentar habe ich gewartet, schön, dass es von dir kommt. Provokation gelungen. Grüße vom Dnepr an die Elbe

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  3. Hat der rote Bus eigentlich die gleiche Wirkung auf dich?

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  4. Hübsche Handschuhe, so Ähnliche hab ich auch. Und, hey, die Dublonka sieht doch total cosmopolitan aus!
    Grüße vom A. an den D.

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