Mittwoch, 24. November 2010

zu Abend mit einem Aussenminister a.D.

...war ich neulich, zu spät wie immer, die Vorspeise bereits in vollem Gange, steuere ich direkt auf den Tisch mit bekannten Gesichtern zu, dass es sich hierbei um den Tisch des Ehrengasts des Abends handelt, begreife ich zu spät. Dass er a.D. ist, scheint noch ferne Wirklichkeit zu sein, mit höflichem Desinteresse werde ich ihm vorgestellt und die Audienz ist beendet, ab nun lauschen wir einem Monolog. Gebannt hängen zehn Ohrenpaare an ihm, Zweiergespräche an den anderen Tischen üblich, kommen nicht auf. Keiner will etwas verpassen. Meine haben besonders viel zu tun, ich sitze am entferntesten im ungünstigen Winkel ihm genau gegenüber.

Die Rede zur Lage der Ukraine und der Aufgabe der Europäischen Union wird später von allen im Saal höflich beklatscht, wenig neues, viel plakatives und schablonenartige Forderungen. Das eigentlich interessante sind die Tischgespräche dieses Abends und ich beginne zu zweifeln, ob ich davon kund tun darf, eigentlich ad absurdum nach der Wikileaks Geschichte, was soll ich da noch neues erzählen... Er ist gewohnt zu plaudern, gelangweilt staatstragend zerrt er an seinem Filet während er den zwischenmenschlichen Konflikt von Timoschenko und Juschtschenko erläutert, das Unverständnis und die Resignation zwischen beiden zu vermitteln. Monate habe sie ihn nicht erreichen können als Premierministerin, stur und wesensverändert sei er nach dem Anschlag gewesen, unzugänglich wie einst ein serbischer Staatschef, den er versuchte vom Militäreinsatz abzuhalten, der einen Vergleich deutscher Politiker zur eigenen nationalen Schuld und das unausweichliche deutsche Engagement hervorrief.
Ich werde kryptisch, ich weiss, aber nach dem ich aus aller Herren Länder Zugriffe auf meinen Blog mit den absurdesten Suchworten fand, gehe ich mal lieber mit der Kirche ums Dorf. In jedem Falle ein interessanter Abend mit einem Außenminister, der nun durch europäische Lande tourt, weil er entmachtet ist, einem Forschungsinstitut vorsteht und eine Geschäftigkeit ausstrahlt, die vergessen macht, dass er den ganzen Tag auf der gleichen Konferenz herumsaß wie man selbst. Ein zweites Orange erwartet er auf dem Maydan. Schon formieren sich die Kleinunternehmer gegen die neue Steuergesetzgebung, sogar ein Zeltlager wird aufgebaut.
Es wurde vor einigen Wochen geräumt, der Präsident hat sein Veto eingelegt und die Kleinhändler, werden wieder beruhigt an ihre unterirdischen Stände zurückkehren, wo sie Obst und Kekse mit gutem Erlös feilbieten, während ein Außenminister a.D. durch die europäischen Lande tourt und von den positiven Signalen in seinem Land berichtet und zehrt.

3 Kommentare:

  1. hehe, das hört sich ja ganz interessant an, aber was ist mit dem Anfang der Geschichte?

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  2. was meinst du mit Anfang der Geschichte?

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  3. Sehr gut geschrieben Jana, Danke!
    A.

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