Freitag, 28. Mai 2010

Eine Stadt feiert sich selbst











und ich geh nicht hin. Warum? Weil es mich stresst zwischen schon am Nachmittag völlig betrunkenem Volk zu stehen, das sich beschallen lässt von überdimensionierten Bässen und Werbeständen für Mobiltelefone und Exportbier, das in einem Meer von Scherben ekstatisch tanzt, trotz offenem Alkoholverbot auf den Strassen. Nun Glas klirrt auch in Papierbeutelchen.

Waren Sie beim Kiew Fest? Ja, nun ja, als ich mich im Supermarkt an den Bierkäufern vorbeipresste vielleicht ein wenig; als mich das Taxi direkt um die Massenveranstaltungen vorbeifuhr vielleicht auch etwas. Nein, eigentlich war ich es nicht und vermisste das klassische Wochenende in Podol, wenn der wöchentliche Dauerstau abflaut und einen wieder atmen lässt, zur Zeit Lindenluft, aber eben nur am Wochenende, wenn das Tal am Fluss wieder Luft bekommt. Stattdessen schien ich die Einzige zu sein, die den Stadtteil freiwillig verließ in fernere Gegenden, während der Rest der Stadt zu den eilig aufgebauten Bühnen strebte.[...]

Wie Diven fühlten wir uns in diesem lauen Freitag bei der Fahrt durch die Kiewer Nacht, wenn jeder zweite Blick in das gegenüber im Stau stehende Auto ein kurzer Flirt wird, vorbei an den angestrahlten Denkmälern der Stadt, während unser Fahrer vor sich hinmüffelt mit ukrainischen Diskorhythmen im Anschlag, um für drei Lieder zu Balkanklängen zu tanzen und schon wieder im Taxi zu verschwinden zum nächsten Ort - so feiern wir uns selbst, etwas Wehmut immer im Gepäck mit dabei in diesem beginnenden Sommer.

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