Freitag, 20. August 2010

Hinterhofmomente

Vor dem Fenster unseres Balkons an Platanengesäumten Hinterhof, die so dicht stehen, dass das Tageslicht nur in der gezackten Form des Laubs ins Zimmer fällt, heult uns eine Rudel Straßenhunde in den Schlaf. Es ist heiß, selbst die Bettleinen sind eine Qual und der kalte deutsche Sommer scheint schon Jahre hinter uns zu liegen. Dabei sind wir ihm erst vor wenigen Tagen entkommen.

Ich bin zurück und doch in einer völlig anderen Welt als in Kiew... in der Stadt, in der mich die Ukraine vor einem Jahr, glaube ich, zum ersten Mal verzauberte, in der das Licht einen anderen Einfallswinkel zu haben scheint. Ich bin zurück in der Wohnung, in der ich mit Кино (Kino) und 
Виктор Цой (Viktor Zoy) Bekanntschaft machte, zurück in der Stadt auf deren Dächern hochherrschaftlicher Stadthäuser ich saß und Sonnenuntergänge bestaunte, sowohl die einen als die anderen sind längst vergangen. Die Erinnerung daran nicht auch die Verzauberung bleibt. Reicher sind sie nur geworden an Begegnungen, die so vor einem Jahr noch nicht möglich gewesen wären.
Ob ich einen kleinen Jungen habe, fragt sie. Ich verneine. Es muss diese Sonne, der verlängerte Sommer sein, der einen besonderen Menschenschlag schafft. Verschämt antworte ich auf die Frage, warum ich denn nicht verheiratet sei, dass ich so viel arbeite. Dass man sich in Deutschland etwas Zeit lässt mit dem Heiraten, kann ich weder sprachlich noch inhaltlich herüberbringen. Während sie mir tief in die Augen blickt und versucht mich zu ergründen, streichelt sie meine Hand und ich peinlich berührt, werde mir erneut bewusst, was es heißt deutsch zu sein. Wiederkommen soll ich, wenn es mir in ihrem Hinterhof gefällt und beinahe hätte ich sie umarmt zum Abschied so gerührt bin ich von dieser Herzlichkeit, die mich so hilflos macht. 

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